[ZOOM] Eine Kunstschule für alle

Raphael Gindt und Daniel Mac Lloyd bieten die kreative und freie „Konschtschoul“ an

Der „Kamellebuttek“ in Esch/Alzette wurde von den zwei freiberuflichen Künstlern Raphael Gindt und Daniel Mac Lloyd ins Leben gerufen und ist eine einzigartige, professionell geleitete und über mehrere Stockwerke verteilte „Urban Contemporary Art Gallery“. In vornehmlich schwarzen Ambiente präsentieren die beiden Gründer unter anderem ihre Bilder und Skulpturen. Neben der Galerie und den Künstlerateliers beherbergt der „Kamellebuttek“ auch eine eigene Kunstschule. Da die Kunstgalerie als Begegnungsort für Kunstschaffende, Kunstbegeisterte, Freunde und Unterstützer dient, bezeichnen die Inhaber sie auch gerne als Erweiterung zu einem Kulturhaus. Vor Events wie „Sunday Morning Brunches“ und Yoga-Kursen wird nicht halt gemacht. Im „Kamellebuttek“ wird Kunst erschaffen, Kunst-und Kulturfeste organisiert, sowie auch Künstler ausgebildet. Hier wird Kultur regelrecht gelebt, nicht fabriziert.

Die Geschichte beginnt 2013, als Raphael Gindt zum Malen ins Haus seiner Großmutter kam. Da die letzte Etage des Hauses nicht wirklich genutzt wurde, begann er nach und nach mit der Einrichtung seines Studios. Ein paar Jahre später, als Raphael und Daniel Mac Lloyd zusammenarbeiteten, beide an ihren eigenen Projekten, sich aber so oft wie möglich gegenseitig halfen, dachten sie, es wäre viel einfacher, ihre beiden Studios an einem Ort zu haben.

Umbau in Eigenregie

Als Raphaels Großmutter in ein Pflegeheim zog und beschloss, das Haus zu vermieten, anstatt es zu verkaufen, verlegte Daniel im August 2017 sein Atelier in den Keller des Hauses. Da die beiden Künstler sowohl die Arbeitsbereiche im selben Haus als auch die Arbeit nebeneinander hatten, begannen sie, den Rest des Gebäudes zu renovieren. Die Arbeiten umfassten das Verlegen von Böden, das Abbrechen von Wänden und die Installation eines Krans im Treppenhaus. In 14 Monaten harter Arbeit in jeder freien Minute und vielen Nachtschichten verwandelten sie das sehr altmodische Haus der 1950er Jahre in einen kreativen Raum und eine Kunstgalerie, die nach ihren Bedürfnissen und Vorstellungen gestaltet wurde. So wurde das Erbe des Großelternhauses, der Stadt und ihrer Geschichte in ein modernes, industrielles urbanes Kunstdesign gekleidet.

Nun wollen die beiden Künstler mit der „Konschtschoul“ weiterarbeiten. „Die „Konschtschoul“ wird Interessenten aller Altersgruppen die Möglichkeit bieten, sich künstlerisch auszutoben und weiterzuentwickeln, sowie Spaß an der Kunst zu finden. Das Projekt wird von Künstlern geleitet, die in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen Experten sind. Als Infrastruktur wird der „Kamellebuttek“ dienen“, erklärt Raphael Gindt. Es würden ganz verschiedene Kunstkurse organisiert, sodass die in der öffentlichen Schule angebotenen Kurse sinnvoll ergänzt würden. Der Fokus wird also darauf liegen, die von den Teilnehmern selbst ausgewählten Schwerpunkte zu vertiefen. Als Extra: Die Kurse der „Konschtschoul“ werden kostenlos sein.

Integration durch Kunst

Die beiden Künstler sind der Meinung, dass Kunst ein universelles Kommunikationsmittel ist und somit für Integrationszwecke eingesetzt werden kann. Dazu sagt Raphael Gindt: „Dementsprechend soll die „Konschtschoul“ als offener Begegnungsort fungieren und Menschen zusammenbringen. Künstler sowie Teilnehmer werden ihre Fähigkeiten und ihre Leidenschaft für die Kunst gemeinsam zum Ausdruck bringen können. Wichtig war uns nämlich der direkte Kontakt zwischen beiden Seiten.“

Ein weiteres Ziel wäre es, ein künstlerisches und kulturelles Netzwerk aufzubauen: „Als Künstler liegt es uns besonders am Herzen, nicht nur selbst Kunst zu erschaffen, sondern unser Wissen auch weiterzugeben. Ich selbst bin durch einen Workshop von Stick vor vielen Jahren auf den Geschmack der Kunst gekommen, die ich heute beruflich ausübe. Vor allem das Weitervermitteln der sogenannten „verbotenen Kunst“, wo es einem erlaubt ist, mit Farbe um sich zu schmeißen und sich richtig auszutoben, stellt einen Anreiz dar. Rigide, klassische Kunstkurse liegen uns beispielsweise weniger. Uns geht es darum, den Spaß, den wir dabei empfinden, anderen mit auf den Weg zu geben. Wir werden mit sechs Kursen starten, von denen es aus unserer Sicht noch nicht so viele gibt. Entsprechend hoch ist natürlich die Nachfrage.“

Raphael Gindt weiß aus eigener Erfahrung dass Anfänge für Künstler schwer sein können: „Obwohl ich mich ganz zum Schluss auf 4e im Lycée Aline Mayrisch für die Kunstsparte entschieden hatte, war ich nie so richtig an Kunst interessiert gewesen. Ich sah mich eher im Bereich des Hochleistungssports, dachte mir aber, dass die Kunst ein tolles Hobby wäre. Schon als Kind wies ich eine Begabung dafür auf und hatte immer sehr gerne gemalt. Allerdings hatte ich nie die Absicht, den Weg des freiberuflichen Künstlers einzuschlagen. Ich dachte immer ich fühle mich mehr zu einer „sicheren“ Arbeitsstelle hingezogen. Graffiti und Street Art faszinierten mich aber noch immer. Der Künstler Stick, den ich während eines Workshops kennenlernte, brachte mich auf den richtigen Weg und trieb mich dazu an, meine eigenen Ideen sowie Techniken zu verfeinern. Nachdem ich ein paar Jahre im Kunstmilieu erfolgreich gewesen war, entschied ich mich dazu, die Schule letztendlich aufzugeben und mich als freiberuflicher Künstler zu etablieren. Nach einiger Zeit kamen dann Ausstellungen im In- und Ausland hinzu. Natürlich war es alles andere als einfach, als 18-Jähriger Freischaffender in dieser Domäne Fuß zu fassen. Das hat auch nur geklappt, weil vereinzelte Personen mich trotz allem bei meinen Projekten von Anfang an unterstützt und an mich geglaubt haben. Die Meisten taten es nicht.“

Für Raphael Gindt und Daniel Mac Lloyd kann die Begeisterung für die Kunst sowie das Fördern der Kreativität nicht alleine durch das Lesen von Büchern und Theorien erworben werden, sondern muss durch eine praktische Umsetzung ergänzt werden. Luxemburg könne das bisher noch nicht umsetzen, so Raphael Gindt: „Der Status Berlins grenzt viel eher durch den Erfolg vieler Künstler sowie durch das enorm hohe Angebot an Kunstschaffenden sowie an Galerien, Museen, Kunstschulen und ebenfalls durch ihr Branding, an den einer „Künstlerstadt“. Im Gegenteil zu Berlin gelingt es Luxemburg nicht, die Kunstinteressenten und -studenten sowie die aufstrebenden Künstler auszubilden und als Kunstschaffende zu etablieren.“

Die Organisatoren sagen, dass eigentlich fast jeder an der „Konschtschoul“ teilnehmen kann, der Lust verspürt, sich kreativ zu betätigen. Je nach angebotenem Kurs gibt es lediglich die Auferlegung eines Mindestalters, um zu garantieren, dass die Teilnehmer autonom arbeiten können.

Mehr Informationen zur „Konschtschoul“ (inklusive der Daten für die Kurse) und zum „Kammellebuttek“ gibt es auf www.kamellebuttek.lu.

Dieser Artikel wurde vum Lëtzebuerger Journal veröffentlicht.

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About Bill Wirtz

My name is Bill, I'm from Luxembourg and I write about the virtues of a free society. I favour individual and economic freedom and I believe in the capabilities people can develop when they have to take their own responsibilities.

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